Theaterbesuch: _Gott ist nicht schüchtern_ im Berliner Ensemble

Meine Auserwählte und ich waren am Sonnabend, 11. März, im Berliner Ensemble bei Gott ist nicht schüchtern. Gespielt haben Cynthia Micas als Amal, Armin Wahedi als Youssef, Oliver Kraushaar in zwei Rollen und Marc Oliver Schulze als Hammoudi, Regie führte Laura Linnenbaum und das Bühnenbild stammt von Daniel Roskamp. Das Stück ist von Olga Grjasnowa.

Wir haben Plätze in der zweiten Reihe. Meine Auserwählte warnt mich, falls sich dort vorne ein Schauspieler an uns richtet, daß sie nichts antworten wird, und ausnahmsweise dieses eine Mal froh ist, wenn ich wie immer alle Aufmerksamkeit auf mich ziehe, ich schüchternes Kerlchen. Und genau so kommt es dann fast: Vor dem Stück schaut uns Oliver Kraushaar kurz an, als er sich in die Nähe des Publikums begibt und Zuschauer begrüßt, die an ihm vorbei zu ihren Plätzen gehen. Kraushaar spielt im Stück zwei Rollen, einmal Amals Vater und einmal einen anonymen syrischen Geheimdienstmann. In dieser Geheimdienstfunktion sitzt er da, während das Publikum auf seine Plätze strömt, und gibt uns Zuschauern das Gefühl des Beobachtetwerdens. So fühlt man sich wahrscheinlich in Syrien auch ständig beobachtet durch kräftige Männer mit Sonnenbrillen, markanten Unterkiefern und Schnauzbärten und humorlosem Interesse. Laura Linnenbaums Inszenierung arbeitet viel mit solchen Allegorien.

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Reise durch Ruinen von George Orwell gelesen

Wie bereits bei Emily Brontës Sturmhöhe neulich, habe ich auf Literal.club ein paar Highlights gesammelt, während ich Reise durch Ruinen von George Orwell las. Diese fasse ich hier zusammen, was aber nur ein paar Stichpunkte ergibt, keine vollständige Rezension.

Gelesen habe ich die knapp 100 Seiten von Reise durch Ruinen Anfang Dezember 2021.

In diesem Buch bereist Orwell 1945 Deutschland und Österreich. Zu diesem Zeitpunkt liegt seine Frau im Sterben und stirbt auch, ohne daß Orwell ihre kurze, schwere Krankheit mit bekam. Er fährt kurz nach London, um sie zu beerdigen und macht sich dann sofort wieder auf den Weg ins bereits komplett besiegte Deutschland.

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Sturmhöhe von Emily Bronte gelesen

In einem Klassiker-Leseclub in Literal.club war das Buch für den November Sturmhöhe von Emily Brontë. Leser können dort Zitate oder eigene Anmerkungen posten, was andere Leser kommentieren können. Ich habe mitgemacht und an mehreren Tagen gepostet. Fast alle meine dortigen Postings habe ich hier zusammengefasst und hier und da gekürzt oder erweitert. Das ist keine Rezension und mit dem Inhalt der Geschichte beschäftige ich mich hier fast gar nicht, sondern mehr mit dem, was mir auffiel beim Lesen.

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Mensch satt aber hungrig

Sonne entsteht, Planeten bilden sich. Sonne leuchtet und wird immer heißer. Erde entwickelt Leben (Gaia). Beide müssen sich abkühlen, weil Sonne immer heißer. Sonne mittlerweile 25% mehr Wärmestrahlung als am Anfang.

Erde redet mit Gaia. Gaia entwickelt Prozeße, um CO2 zu reduzieren, z.B. mit Azolla-Farn-Wachstum. Plan funktioniert. Klima kühlt sich ab, obwohl Sonne immer noch heißer. Ab und zu Erde und Gaia im Schüttelfrost (Eiszeiten).

Kommt Mensch. Gaia und Mensch sind eins. Aber Mensch unzufrieden mit eigener Konsumversorgung. Mensch denkt, Gaia ist schmutzig und schleimig. Mensch satt, aber immer noch hungrig. Mensch mehr wollen. Mensch verbrennen alte Sonne aus vergangenen Zeiten, in Form von dicke, klebrige Flüssigkeit. Mensch entwickelt kapitalkonzentrierte Wirtschaft, bevorzugt in Städten an Küsten.

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Was ich 2020 gelesen habe, Teil 1

Vielerorts im Web werden die besten Bücher aus 2020 empfohlen, was meistens nur Neuerscheinungen des Jahres sind. Die Mitarbeiter des Paris Review geben gerne auch Klassiker an, s. The Paris Review Staff’s Favorite Books of 2020.

Ich bin kein Fan davon, immer nur neue Bücher zu lesen, denn ich finde, die neuen Bücher müssen sich erstmal beweisen. Ich empfehle, auch immer mal Klassiker zu lesen, weil eine unabdingbare Voraussetzung dafür, ein Klassiker zu werden, nun mal ist, ein gutes Buch zu sein. Außerdem schätzen wir die Belesenheit der Autoren, die wir mögen, sehr hoch ein - warum also nicht selber belesen sein, d.h. selber Klassiker lesen? Ich achte daher auf eine gute Durchmischung von alt und neu, und auch immer abwechslungsreich durch die Genres, wie ihr auch gleich an meiner Leseliste für 2020 sehen könnt.

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Hugo Award benennt Finalisten und denkpass.de verlinkt sie für euch

Der Hugo-Award, einer der bekanntesten Literaturpreise für Science Fiction, benennt seine diesjährigen Finalisten. Es gibt mehrere Kategorien und eine davon sind Kurzgeschichten. Die Finalisten werden auf der Webseite von Hugo nur erwähnt, ich verlinke sie hier für euch:

Beste Kurzgeschichten

So lässt sich das einfacher lesen. Bin gerade mächtig mit SciFi-Kurzgeschichten beschäftigt, da ich selber an welchen arbeite.

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Ein schwer zu findendes Kafka-Zitat

Lydia Davis zitiert in Essays One eine schöne Kafka-Stelle:

These are the seductive voices of the night; the Sirens, too, sang that way. It would be doing them an injustice to think that they wanted to seduce; they knew they had claws and sterile wombs, and they lamented this aloud. They could not help it if their laments sounded so beautiful.

Eine wunderschön illustrierte Version von The Sirens findet sich übrigens bei Aimee Pong.

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Die Natur beherrschen

Während eines Frühstücks habe ich mit meinem Sohn in dem Buch Die Anfänge der Menschheit von Dr. Alice Roberts geblättert.

Im Vorwort stieß ich auf diesen Satz:

Dieses Buch soll nicht die Geschichte unseres Aufstiegs zu einem Wesen erzählen, das gelernt hat, die Natur zu beherrschen.

Was da steht, enthält die Wurzel allen Übels, finde ich.

Gehört das wirklich uns?

Dieser Satz beinhaltet einen riesigen Denkfehler, der zum einen zeigt, wie kolossal wir uns selbst überschätzen und zum anderen unsere zerstörerische Haltung zur Natur rechtfertigen hilft. Es geht natürlich um gelernt hat, die Natur zu beherrschen. Das ist einer der zentralen Denkfehler der Menschheit und wie die Fehler der Menschheit so sind, ist dieser Fehler auch gleich mehrschichtig.

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Die Welt aus den Angeln von Philipp Blom

Nach 1500 fing auf der Erde eine sogenannte Neben-Eiszeit an und dauerte ca. 150 Jahre. Der engere Zeitraum ist ungefähr von 1580 - 1650. Die durchschnittlichen Temperaturen wurden kälter, verstärkt auch durch Vulkantätigkeiten und Asche-Ausstoß. 1594 war der Hafen von Marseille im April zugefroren - das ist im Mittelmeer! In London gab es regelmäßig Märkte auf dem Themse-Eis, manchmal bis in den April.

Vor dieser Klima-Änderung, beschrieben in Philipp Bloms Die Welt aus den Angeln, war die menschliche Gesellschaft relativ statisch. Es war unmöglich, durch Reichtum seinen sozialen Stand zu verlassen. Das Land, das Bauern bearbeiteten, gehörte ihrem Adelsherrn, der selber nicht arbeiten durfte und nicht mal das Land verkaufen durfte. Bauern hatten wenig Anreize, mehr zu verdienen, weil das mehr verdiente Erntegut ohnehin nur dem Adelsherrn zuging. Der Stand des Adels bestimmte sich auch nicht übers Einkommen. Und in den Städten regelten die Stände, wer welche Berufe ausübte, welche Preise er verlangen durfte, wen man heiratete, wo man wohnte etc.

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Four Futures von Peter Frase

Die Welt, in der wir leben, hat so ihre Probleme: Im Silicon Valley liegt das Durchschnittseinkommen (median) bei 91.000$1, aber 31 Prozent der Leute im Silicon Valley verdienen gerade mal 16$ pro Stunde (was ein Jahreseinkommen von nicht mal 32.000$ ergibt). Neben dem Hauptquartier von Adobe ist die größte Obdachlosensiedlung der USA zu finden, genannt The Jungle, so David Rotman im MIT Technology Review (Technology and Inequality). In Berlin sehe ich immer mehr Obdachlose. In unseren alten Räumen in der Backfabrik werden über 30€ pro m² aufgerufen. Die Firmen dort feiern ihre Weihnachtsfeiern im Hof in einem speziell für sie errichteten Weihnachtsmarkt. Nebenan werden Wohnungsquartiere mit abgeschlossenen Bereichen für mehr als 7.000 € pro m² gebaut, während draußen Rentner Flaschen sammeln.

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