Zur Zeit wird KI-Forschung entweder in kleinen, akademischen Laboren bearbeitet oder in größeren, privaten Laboren (z.B. Google, Uber etc.). Auch wenn viele glauben, dass diese privaten Labs so viel frischen Wind bringen in die angestaubte akademische Welt und sie außerdem besser sind weil Don’t be evil und WTF, sieht das ein KI-Entwickler, der in beiden Welten gelebt hat, nicht so. Gary Marcus schreibt für die New York Times (Artificial Intelligence Is Stuck. Here’s How to Move It Forward.):
Hypnotisiert von Musks Hyperloop
Wie ihr sicherlich wisst, bin ich anscheinend kein Fan von Elon Musk. Oder sagen wir es ganz korrekt, ich bin kein Fan dieser hysterischen Anbetung von Elon Musk, von der ich in Zeitschriften lese oder von der ich in Gesprächen höre. Ich finde, ihm wird immer zuviel Vertrauensvorschuss geliefert - und macht er das alles selber, oder seine Ingenieure für ihn?
Geoff Manaugh schreibt im New Yorker auch über Elon Musk: Hypnotized by Elon Musk’s Hyperloop. Darin vergleicht er den Hyperloop mit der Concorde:
Stolpersteine auf dem Weg zur Arbeit
Ich gehe immer zur Arbeit, d.h. ich fahre weder Moped noch Straßenbahn noch sonstewas. Ich gehe.
Mein Weg führt mich dabei an der Prenzlauer Allee 200 vorbei und dort liegen fünf Stolpersteine. Das sind diese kleinen Gedenktafeln aus Bronze, die vor bestimmten Häusern in den Gehweg eingebaut werden, um an ehemalige Bewohner dieser Häuser zu erinnern, die im Dritten Reich vertrieben und vernichtet wurden: Juden, Zigeuner, politisch Verfolgte, Homosexuelle, Zeugen Jehovas und Euthanasieopfer.
Ab mit Elon auf den Mars
Elon Musk ist ja der Liebling alles, eine Innovations-Ikone schlechthin. Ich sehe das alles nicht ganz so euphorisch wie der Rest der Welt. Mein Haupt-Argument zu Elon Musk ist folgendes:
Wer baute die Pyramiden, Pharao oder die Sklaven?
Nun hat Elon Musk vor einiger Zeit mal gesagt, er befürchte die Ausrottung der Menschheit und fände daher, wir sollten unbedingt mehrere Planeten besiedeln1. Auf der einfachen Ebene klingt das, als ob er einplant, dass wir diesen Planeten nicht retten können und dann sollten wir jetzt schonmal den nächsten Planeten besiedeln können. Einfache Replik: wenn wir das hier nicht hinkriegen, wie wollen es dann dort hinkriegen?
Silicon Valley kopieren?
Sobald heutzutage über Innovation gesprochen wird und wie wichtig sie sei für unsere Gesellschaft und was wir dafür tun können, um innovativer zu sein, landet man kurze Zeit später bei der folgenden Aussage:
… to become the next Silicon Valley.
Unsere Zukunft soll also anscheinend der Vergangenheit von Silicon Valley entsprechen, fragt sich auch Sebastian Olma in seinem Buch In defence of Serendipity. Macht das Sinn? Ist das nicht eine ziemlich begrenzte Idee für unsere Zukunft, die Vergangenheit von woanders zu kopieren?
Technologie und Klima
Aus Sebastian Olmas vorzüglichem Buch In defence of serendipity:
Wie der deutsche Soziologe Harald Welzer es ausdrückt, viele der Herausforderungen denen wir uns durch den Klimawandel ausgesetzt sehen, wurden überhaupt erst generiert durch die gedankenlose Anwendung von Technologie. Demzufolge sind Versuche, den Problemen des Klimawandels mit besseren Technologien zu begegnen, Teil des Problems und nicht der Lösung. (eigene Übersetzung)
Da ist was dran, finde ich.
Änderungsfreie Änderung
In ihrer Empfehlung zu The New Prophets of Capital von Nicola Aschoff spricht Naomi Klein, eine kanadische Journalistin und Globalisierungskritikerin, von changeless change:
Changeless change is the kind of innovation that simultaneously upends current practices and studiously protects existing wealth and power inequities.
Änderungsfreie Änderung ist die Art von Innovation, die gleichzeitig aktuelle Praktiken beendet und dabei sorgsam vorhandene Vermögens- und Macht-Ungleichheiten bewahrt.
Das Buch von Aschoff beschäftigt sich u.a. mit den “Change”-Initiativen (die wir ja nach dieser Definition nur mit Anführungszeichen versehen können) von Leuten wie Sheryl Sandberg, John Mackey, Oprah Winfrey und Bill und Melinda Gates.
Die ignorierte Arbeiterklasse
Richard Rorty ist ein amerikanischer Philosoph. In seinem 1998 erschienenen Buch Achieving our country, sagte er vorher, dass die amerikanische Arbeiterklasse, lange ignoriert und marginalisiert, sich wieder melden wird. Etwas wird kaputt gehen, und dann passiert folgendes:
The nonsuburban electorate will decide that the system has failed and start looking around for a strongman to vote for—someone willing to assure them that, once he is elected, the smug bureaucrats, tricky lawyers, overpaid bond salesmen, and postmodernist professors will no longer be calling the shots. . . . One thing that is very likely to happen is that the gains made in the past forty years by black and brown Americans, and by homosexuals, will be wiped out. Jocular contempt for women will come back into fashion. . . . All the resentment which badly educated Americans feel about having their manners dictated to them by college graduates will find an outlet.
Sind wir wirklich so innovativ?
Sebastian Olma hat ein Buch geschrieben: In Defence of Serendipity. Darin vertritt er die These, dass unsere Zeit gar nicht so innovativ sei, wie wir alle denken (und worin wir von der PR-Maschine aus Silicon Valley bestärkt werden). Das führt er einem Interview aus (Raum für Müßiggang und Spinnerei - Für eine radikale Politik der Innovation - ein Interview mit Sebastian Olma):
[So] muss man konstatieren, dass der Grund für die disruptiv-destruktive Kraft von Betrieben wie Uber und Airbnb ja nicht in der überwältigenden Wirtschaftlichkeit ihrer Geschäftsmodelle liegt, sondern in der Tatsache, dass ihnen unglaubliche Mengen an Investitionskapital zur Verfügung gestellt werden. Und zwar von Investoren, die in der Realökonomie offensichtlich keine sinnvolleren Investitionsobjekte finden können. Was der weitverbreiteten Annahme, wir lebten in einer Ära gewaltiger wirtschaftlicher Innovation, einen ordentlichen Dämpfer verpassen sollte.
Von Pilzen und Innovation
Unsere Gesellschaft, so finde ich, geht mir oft zu positiv mit Innovation um. Die Grundeinstellung gegenüber Innovation scheint zu sein, dass sie per Defintion gut sei. Innovationen können gut sein, müssen es aber nicht. Innovationen bergen Risiken und unbeabsichtigte Konsequenzen, die man bereden oder beobachten sollte.
Ein Beispiel: Netflix versprach beispielsweise, unabhängig von Sendezeiten-Slots zu sein. Kommst Du erst gegen 20:37 Uhr nach Hause statt exakt um 20:15? Kein Problem. Mit Netflix schaust Du, wann Du willst. Kümmer Dich nicht um unmoderne Sendezeiten-Slots. Lass die anderen ihr Leben in ein 15-Minuten-Raster zwängen, Du bist frei und unabhängig. Netflix versprach also: schau, wann immer Du willst. Was ist dabei herausgekommen im Netflix-Konsum? Schau immer!