Das Büro
Das Büro
Die Oberflächen in allen Räumen waren glatt und minimal. Die Wände beige, der Boden grau, beides matt glänzend, teilweise mit schwarzen Schleifspuren wie die von nicht-Turnhallen-affinen Sportschuhen auf dem Lack eines Basketballfelds, nur ohne deren quietschendes Geräusch. Nikolai konnte dieses Geräusch trotzdem immer hören, wenn er einen der Streifen auf dem Boden oder an den Wänden seiner Firma sah. Es ärgerte ihn zutiefst, denn er meinte, auch das Kichern zu hören, mit dem der oder die Täter grinsend weiter gingen, nachdem sie die ästhetische Reinheit seiner Wände und Böden störten.
Alle Mitarbeiter saßen in einem großen Raum, in dem laute Geräusche verboten waren. Musik beispielsweise war in behutsamer Lautstärke über Kopfhörer zu geniessen. Für jeglichen Lärm wie Gespräche unter den Kollegen oder Telefonate gab es kleinere Räume, die über den Rest der Firma verteilt waren, angefangen bei der Küche im vorderen Bereich der Firma. Sie war der einzige Raum im Haus, der immer genug Tageslicht von außen einfing, was aber nur dazu führte, dass man all die getrockneten Wasser- und Kaffeeflecken auf der metallenen Oberfläche der Spüle sah und all die Brotkrümel, Gemüseschalen-Reste, Pfeffer- und Salzkörner, Soßenflecke und verstreuten Kaffeebohnen auf dem hölzernen Küchentisch der Spüle gegenüber. Auch dies ärgerte Nikolai.
Alle anderen Räume waren nicht so hell wie die Küche. Sie fingen das Licht des Innenhofs nicht so günstig ein wie jene, deren Helligkeit durch eine nicht baulich, sondern gärtnerisch gefüllte Bombenlücke im gegenüberliegenden Haus gefördert wurde. Um das bisschen Licht besser zu verteilen, waren alle Wände zu den Fluren von oben bis unten aus Glas. Das war gut fürs Licht, aber weniger gut für die Geräusche, die sich entlang der harten, hier und da mit fettigen Fingerabdrücken übersäten Glaswände durch die ganze Firma verbreiteten wie geflüsterte Worte in einem Tunnel voller Spione. Die Räume fühlten sich wegen des vielen Glases auch seltsam kalt an.
Auf den Zeichnungen und in seinen Gedanken sahen die Räume einfach, geradlinig und schön aus. In der Realität waren sie kalt und laut und nutzten sich schneller ab als er erwartet hatte. Jetzt war nur noch zu erkennen, wie es mal gemeint war, ohne wirklich so auszusehen. Was ihn letztendlich störte, fiel Nikolai auf, waren die Menschen darin. Obwohl die Räume eigentlich dafür da waren, seine Mitarbeiter zufrieden zu machen, waren sie es, die ihn unzufrieden machten.